Zukünftige Energieproduktion Österreichs
Die Auswertung des Energieflusses aus dem Jahr 2021 durch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) hat gezeigt, dass in Österreich trotz des hohen Anteiles an umweltfreundlicher Energieerzeugung der Anteil an fossilen Energieträgern in Form von Öl, Gas und Kohle, hauptsächlich für den Bedarfsträger „Verkehr“, hoch ist. Um die Abhängigkeit zu reduzieren und die Klimabilanz zu verbessern, müssen daher diese Energieerzeugungsformen durch klimaneutrale oder allenfalls klimafreundliche Energieerzeugungsformen ersetzt werden. Für Österreich wurden mögliche Ausbauszenarien erarbeitet und im Klimaschutzgesetz beschlossen.
Wie aus der Grafik Energieproduktion bis 2030 hervorgeht, soll der Ausbau von erneuerbaren Energiesystemen in Österreich wesentlich verstärkt werden. Dabei ist das größte Wachstumspotenzial im Bereich der Photovoltaik-Anlagen zu finden. Gesamt ergibt sich somit ein Wachstumspotenzial von etwa 30 Terawattstunden (TWh). Würde man jedoch nur den Energiebedarf in Österreich, der durch fossile Energieträger bereitgestellt wird, in der Größenordnung von ca. 800 Petajoule (diese Einheit wird bei großen Energiemengen verwendet) ersetzen müssen, so wäre ein Energiebedarf von ca. 200 TWh notwendig. Das beinhaltet nicht den noch immer steigenden jährlichen Energiebedarf der kommenden Jahre. Dieses anschauliche Beispiel zeigt, dass es sich bei der Energiewende um ein „Drehen an mehreren Schrauben“ handeln muss. Österreich alleine könnte die Energie, die durch den Ersatz der fossilen Energieträger notwendig wäre, nicht bzw. nur durch großen Einsatz decken. Nur in einem europäischen/globalen Gesamtansatz und durch ein gut ausgebautes Stromnetz kann diese Herausforderung durch z. B. Offshore-Windkraftanlagen, Wüstensolarparks, Großspeicheranlagen etc. gelöst werden. Fossile Energieträger werden auch in Zukunft noch zum Einsatz kommen, jedoch in geringerer Menge und in nur unbedingt notwendigem Ausmaß.
Herausforderung mit erneuerbaren Energieträgern
Erneuerbare Energieformen haben die unangenehme Eigenschaft, nicht immer verfügbar zu sein. Das Energieverbrauchsprofil ist im Laufe des Jahres fast immer gleich, jedoch deckt es sich nicht mit dem Energieerzeugungsprofil von erneuerbaren Energieträgern. Es ist notwendig, einen technischen Ausgleich zwischen Bedarf und Erzeugung herzustellen. Dies kann durch ausreichend Speicherkapazitäten, direkte und indirekte Verbrauchersteuerung und Durchmischungseffekte bei der Energieerzeugung bewerkstelligt werden. Der Energieausgleich kann jedoch nur erreicht werden, wenn eine ausreichende Netzkapazität vorhanden ist. In Österreich sowie im restlichen Europa ist der Netzausbau zurzeit noch nicht auf dem Niveau, um die zukünftigen Herausforderungen bewältigen zu können.
Wenn alle erneuerbaren Energieerzeugungsformen die maximale Energie erzeugen, dann kommt es zu einer zwei- bis dreifachen Lastüberdeckung. In diesem Fall muss es möglich
sein, die überschüssige Energie effizient speichern zu können, um bei Nacht oder Windstille die Energie abrufen zu können. Ebenso zeigt sich ein zusätzlicher Energiebedarf
von 46 TWh, wenn Teile der Industrie sowie der Verkehr ebenfalls auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden.
Speichersysteme Österreichs
Speichersysteme stellen eine wesentliche Schlüsselfunktion in der zukünftigen Energiewende dar. Dabei wird zwischen zwei Systemen unterschieden: die zentrale Speicherung
und die dezentrale Speicherung. Österreich befindet sich in der glücklichen Lage, durch die Alpen über eine große Menge an Energiespeicherkapazitäten in Form von
Pumpspeicherkraftwerken zu verfügen. Zurzeit können ca. 3,3 TWh eingespeichert und eine maximale Leistung von 4,3 GW entnommen werden. Die gegenwärtig eingesetzten
Heimspeichersysteme spielen derzeit in der österreichischen Energiewirtschaft noch eine untergeordnete Rolle. Dies sollte sich jedoch mit dem Ambitionsziel 2030 ändern.
Dann sollte die Energiemenge, die in Heimspeichersystemen eingespeichert wird, in Summe von ca. 45 GWh möglicher Leistungsentnahme auf ca. 29 GW gesteigert
werden.
Aktuelle Speichertechnologien
Speichertechnologien bieten unterschiedliche Energiespeichermöglichkeiten mit verschiedenen Eigenschaften. Für die Energiewende am interessantesten sind jene Speicherformen, die eine große Energiemenge möglichst lange speichern können. Dabei sind für die zentrale Energiespeicherung Pumpspeicher, Druckspeicher, Fernwärmespeicher sowie chemische Speicher „Power to Gas“, z. B. die Wasserstoffproduktion, am besten geeignet. Die Nachteile der chemischen Speichersysteme liegen darin, dass es derzeit noch eines großen Energieaufwandes für die Einspeicherung der Energie in Form von beispielsweise Wasserstoff bedarf. Der Wirkungsgrad, die Energieproduktion in einen chemischen Energieträger umzuwandeln, zu speichern und zu verbrauchen, liegt zurzeit bei maximal 20 Prozent. Bei einem elektrochemischen bzw. mechanischen Speicher beträgt der Wirkungsgrad etwa 90 Prozent. Das bedeutet, dass man für die Einspeicherung einer bestimmten Menge an Energie bei einer chemischen Speicherung etwa eine fünf Mal größere Energiemenge benötigt, um die gleiche Energie am Ende verfügbar zu haben. Daher macht die Umwandlung in einen chemischen Speicher nur dann Sinn, wenn die Energie im Überfluss vorhanden ist und nicht abtransportiert werden kann.
Auswirkungen auf das Bundesheer
Für das Bundesheer ergeben sich durch die zukünftige Entwicklung folgende Herausforderungen: Durch den massiven Ausbau der Netzinfrastruktur wird deren Schutz eine
zentrale Rolle in der Landesverteidigung spielen. Diese Verantwortung beginnt schon bei der Errichtung der Netzinfrastruktur. Nur wenn Spezialisten des Bundesheeres bei
der Planung miteingebunden werden, können schon im Vorfeld eventuelle schutztechnische Risiken und Bedarfe erkannt werden. Ebenso sollte die Ausbildung von
Elektrofachkräften weiter forciert werden, um künftig die Eigenversorgung und Autarkie sicherstellen zu können. Der Erhöhung des Energieerzeugungsequipments sollte
ebenfalls Rechnung getragen werden.
Fazit
Die kommenden Jahre werden zeigen, wie wandlungsfähig unsere Gesellschaft ist. Die Pläne für eine Energiewende sind bereits ausgearbeitet und könnten umgesetzt werden. Wie so oft liegt das Problem nicht an den Möglichkeiten, sondern an wirtschaftlichen Interessen. Ebenso ist die Sichtweise des Einzelnen oft konträr zum Gesamtansatz. Für die Energiewende benötigt es den Einsatz aller. Der Wandel hin zu einem klimafreundlichen Verhalten eines jeden kann in einigen Bereichen durch die Politik gesteuert werden, aber es bedarf des Verständnisses und des Willens, dieses auch umzusetzen. Wenn der Energiewandel als Möglichkeit und nicht als Einschränkung angesehen wird, eröffnet das eine gänzlich andere Sichtweise.
Hauptmann Mag.(FH) Lukas Walter, BSc; Kommandant Lehrgruppe & Hauptlehroffizier Pionierbaudienst und Bauunterstützung an der Heerestruppenschule.